Lesen soll Spaß machen!
Wie die Ergebnisse der internationalen Grundschul-Le-se-Untersuchung (Iglu) aus dem vergangenen Jahr zeigen, hat die Lesekompetenz deutscher Schülerinnen und Schüler in den vergangenen 20 Jahren stark abgenommen, ein Viertel der Viertklässler hat Schwierigkeiten beim Lesen und Verstehen von Texten. Auch am Gymnasium Munster äußert sich das Problem gerade bei den jüngsten Schülern.
Mit Beginn des zweiten Schulhalbjahres am Mittwoch, 5. Februar, soll sich deswegen etwas ändern. Obwohl den Beteiligten klar sei, dass die Verantwortung für die Förderung der Lesekompetenz junger Menschen nicht nur von schulischer Seite, sondern auch von Seiten der Eltern und Erziehungsberechtigten bestehe, wolle das Gymnasium diese Schlüsselkompetenz aktiv voranbringen. Für eine entsprechende Förderung soll ab dem kommenden Schulhalbjahr die langfristige Kooperation zwischen dem Gymnasium und dem Verein „Mentor - Die Leselernhelfer" aus Soltau sorgen, die der stellvertretende Schulleiter Dr. Wolfgang Kruse durch eine pro-aktive Bewerbung der Schule bei dem Verein initiiert hat.
Die Initiative „Mentor - Die Leselernhelfer" wurde 2003 von dem Buchhändler Otto Stender gegründet. 2008 entstand der Bundesverband mit rund 130 Vereinen. Der Verein Mentor Soltau, gegründet 2004, koordiniert die Zusammenarbeit zwischen Mentorinnen und Mentoren, Mentees und Schulen. Heute ist der Verein auch an Grund- und weiterführenden Schulen in Wietzendorf, Bispingen und auch an der Munsteraner Grundschule im Örtzetal. Der Verein bildet ehrenamtliche Mentorinnen und Mentoren aus, die ein oder mehrere Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 16 Jahren über mindestens ein Jahr hinweg bei der Stärkung ihrer Sprach- und Lesekompetenz durch das gemeinsame Lesen von Büchern, einen engen Austausch über das Gelesene sowie das gemeinsame Bewältigen kreativer Lernspiele begleiten und unterstützen. Grundsätzlich finde das Lesen in einem 1:1-Prinzip statt, müsse es aber nicht. „Wir sind total flexibel und passen das mit den Schülern sowie ihren Bedürfnissen individuell an“, so die erste Vorsitzende des Vereins, Susanne Rühlmann-Oerke, bei der Schließung des Kooperationsvertrages mit der Koordinatorin der Sekundarstufe I am Gymnasium Munster, Rafaela Großmann-Meyer, sowie den pädagogischen Mitarbeiterinnen und den Deutschlehrerinnen des fünften Jahrgangs.
„Wer nicht richtig lesen kann, verliert schnell den Anschluss in vielen Fächern“, so Rühlmann-Oerke, selbst Lehrerin, die in der Leseförderung zeitgleich auch die Unterstützung der Persönlichkeitsentwicklung von Kindern sieht. Von der künftigen Tätigkeit der Mentoren am Munsteraner Gymnasium erhofft sich die Vorsitzende des Vereins eine Ergänzung zur Arbeit der an der Grundschule im Örtzetal bereits vorhandenen Mentoren sowie die Gewährleistung einer kontinuierlichen Förderung der aus der Grundschule in die weiterführende Schule übergehenden Kinder.
Großes Herz ist wichtiges Kriterium
Voraussetzung für die Tätigkeit als Mentor ist die Teilnahme an einem eintägigen Einführungsseminar. Darüber hinaus sei das Interesse der Lesehelfer an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie eine Affinität zur deutschen Sprache Voraussetzung. Dabei könne jeder selbst entscheiden, wie viele Schüler er betreuen und wie viel Zeit er wöchentlich in das Ehrenamt investieren wolle und könne. „Manche kommen nur einmal die Woche zum Lesen vorbei, andere deutlich häufiger“, so die Beobachtungen Rühlmann-Oerkes, die selbst ebenfalls Mentorin ist.
„Eines der wichtigsten Kriterien ist es, ein großes Herz zu haben“, sagt die pädagogische Mitarbeiterin Olga Islamov, die im „DaZ“-Unterricht (Deutsch als Ziel- oder Zweitsprache) mit aus der Ukraine geflüchteten Schülern viel Erfahrung sammeln konnte. „Wir müssen das Lesen so verkaufen, dass es Spaß macht“, so das Ziel, das mit einer bewertungs- und druckfreien Lesezeit in angenehmer Atmosphäre erreicht werden soll. Schließlich beruhe das Prinzip auf einer beidseitigen Freiwilligkeit, wobei die Koordinatorin Großmann-Meyer vor allem von der defizitorientierten Stigmatisierung hilfebedürftiger Schülerinnen und Schüler absehen und die Tätigkeit der Lesehelfer in Abgrenzung zu Nachhilfeunterricht betrachten wolle.
Für eine gemütliche Einrichtung und ein Starter-Set an interessanten, altersgerechten Büchern und Spielen für die Schüler würden finanzielle Gelder der Schule zur Verfügung stehen. „Es ist erstaunlich, wie gerne die Schülerinnen und Schüler irgendwann zum Lesen kommen“, so die positive Resonanz, die Rühlmann-Oerke im Rahmen ihrer langjährigen Erfahrung ziehen könne.
Interesse am Lesen nachhaltig wecken
Aufgrund des hohen Bedarfs an Unterstützung und der zeitgleich großen Herausforderung, Mentoren zu finden, stellt sich von Seiten der Deutschlehrerin Corinna Meyer und des Gymnasiums Munster die Frage: „Wie viele Mentoren können wir gewinnen?“ Häufig seien es Eltern, Großeltern und Pädagogen, die eine Ausbildung zum Mentor absolvieren würden. Im Grunde könne aber jeder Mentor werden, so Rühlmann-Oerke. Genau darauf komme es schließlich an, denn obwohl die Kooperation des Vereins „Mentor – Die Leselernhelfer“ zum Start im Februar in trockenen Tüchern sei, komme es nun auf ehrenamtlich interessierte Munsteranerinnen und Munsteraner an, die die zeitlichen Kapazitäten haben und bereit sind, Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums beim Lesen zu begleiten.
Wer daran interessiert ist, sich am Gymnasium Munster als Mentor zu engagieren, kann sich unter mentor-soltau@gmx.de mit dem Verein in Verbindung setzen. Weitere Informationen gibt es unter www.mentor-soltau.de.
Text und Foto: Sandra Kopa (BZ)